Ob mit Marktscheier*in oder ohne ist nicht gewusst, aber das Datum steht: Die Agence Borderline lädt am Samstag und am Sonntag zum Kunstmarkt auf den Fëschmaart ein. Dreißig Künstler*innen stellen aus und verkaufen ihre Werke. Über Happenings, Kunstinstitutionen und den öffentlichen Raum.
Digitale Ausstellungen, Virtual Reality in Museumshallen, immersive Rauminstallationen – Möglichkeiten, dem Publikum innovative Ausstellungskonzepte zu bieten, gibt es viele. Die Kulturorganisation Agence Borderline, 2006 von Claudia Passeri und Michèle Walerich gegründet, bringt den Besucher*innen Kunst stattdessen „old school“ auf dem Marktplatz näher: „Le dos du sol“ ist sowohl eine Kunstschau als auch Happening mitten in der Stadt Luxemburg.
Auf der Place du Marché-aux-Poissons in Luxemburg-Stadt werden am 25. und am 26. September von 12 bis 18 Uhr Stände aufgerichtet und Werke von dreißig Künstler*innen – darunter Suzan Noesen, Trixi Weis, Bert Theis und Patrick Galbats – ausgestellt sowie zum Verkauf angeboten. „Es ist eine Ausstellung, die sich einerseits der Einfachheit und der Beweglichkeit wegen am Markt orientiert, andererseits aber auch die Desakralisierung des Ausstellens beabsichtigt“, erläutern Claudia Passeri und Michèle Walerich der woxx. „Früher wurden Bilder auch auf Märkten ausgestellt und verkauft. Man kann eventuell von einem Happening sprechen, weil die Installation der Werke einen evolutiven Charakter haben kann, wenn zum Beispiel das eine oder andere Werk verkauft werden sollte, und durch den unmittelbaren Dialog, den wir uns durch das Ausstellungskonzept erhoffen.“
Ob es sich dabei um eine subtile Kritik an Kunstinstitutionen mit Exponaten hinter Glaskästen und tadelnden Museumsaufsichten handelt? Nicht wirklich, sagen Passeri und Walerich. „Es ist eher eine Feststellung, die sich während der Pandemie manifestiert hat: Jeder war ziemlich überrascht davon, hauptsächlich die ersten Monate, doch mit der Zeit sah man auch, wie schwierig es ist – unter anderem als große Institution – flexibel auf eine solche Notsituation zu reagieren“, erklären die Künstlerinnen die Hintergründe ihres Konzepts. „In dem Sinne wollten wir einen anpassungsfähigen Markt aufsetzen, bei dem die Vorrichtungen, die Kommunikation und die Funktionsweise generell derart vereinfacht sind, dass sie eine hohe Reaktivität ermöglichen und sich einem so neue Spielräume erschließen.“ Umso passender ist es, dass die Kuratorinnen bei schlechtem Wetter einen alternativen Ausstellungsort parat haben: das Aquarium des Casino Luxembourg – Forum d’art contemporain. Weitere Auflagen an anderen Orten sind ebenfalls geplant.
Die Werke hat die Agence zusammen mit den Künstler*innen ausgesucht. Kriterien waren die Qualität der Arbeiten, aber auch stilistische und ästhetische Zusammmenhänge zwischen den Werken. Auf ein Konzept oder ein Genre wurde sich dabei nicht beschränkt. Mit der Ausstellung wollen die Kuratorinnen Fragen diskutieren, die sich in den letzten Monaten aufgedrängt haben: Wie kann der öffentliche Raum, nach den Ausgangssperren im Zuge der Corona-Pandemie, zurückerobert werden? Wie kann man bestätigen, dass Kunst ein lebenswichtiges Gut ist? In dem Sinne wäre es wünschenswert, wenn die Ausstellung tatsächlich auf dem Marktplatz – seit Jahrhunderten Inbegriff des öffentlichen Raumes – stattfinden könnte.
In Luxemburg gibt es seit geraumer Zeit immer wieder Kunstausstellungen fernab von Museumsmauern, wie etwa in der Gemeinde Lorentzweiler („Störende Wahrheiten“). „Kunst im öffentlichen Raum hat immer schon einen wichtigen Platz eingenommen und tut dies immer mehr. Einen guten Einblick hierzu biete „Repères“ der AAPL (Anm.d.R.: Association des artistes plasticiens du Luxembourg)“, sagen Passeri und Walerich. „Die öffentlichen Aufträge haben zugenommen, sowohl von staatlicher als auch von privater Seite, und es gibt immer mehr unabhängige Projekte. Wahrscheinlich wird das Ganze durch das Kulturjahr Esch 2022 noch einmal verstärkt.“ Auf die Frage, ob Künstler*innen in Luxemburg genug Unterstützung bei solchen Projekten und ihrer Arbeit im Allgemeinen erfahren, geben die Künstlerinnen an: „In Luxemburg gibt es auf allen Ebenen eine ziemlich gute Unterstützung, auch wenn es im Hinblick auf die Professionalisierung des Berufs noch viel zu tun gibt.“