#QueerSuperPower

Die Ausstellung #QueerSuperPower illustriert die Härte von Rassismus und Queerfeindlichkeit. Die Künstlerin Estelle Prudent gibt schwarzen, queeren Menschen in Frankreich eine Stimme.

Copyright: 2017 Estelle PRUDENT

Die Ausstellung #QueerSuperPower, die derzeit im Escher Rathaus gezeigt wird, besticht nicht durch ein aufwendiges Raumkonzept. Die Exponate – großformatige Fotografien auf denen mit Klebestreifen weiße Zettel mit Zitaten und piktografischen Zeichnungen befestigt sind – stehen teilweise in dessen der Eingangshalle. Die Tafeln, an denen die Fotografien und Texte befestigt sind, reichen bis zu den Büros der Beamt*innen. In der Mitte des Ausstellungsraums prangt eine Säule, auf der die Wartenummern angezeigt werden. Doch wenn man die gezeigten Inhalte kontextualisiert, erschließen sich die Wertigkeit und die Aussagekraft der Ausstellung.

Estelle Prudent wurde selbst Opfer sexualisierter Gewalt. An ihrem Arbeitsplatz wurde sie darüber hinaus mehrfach rassistisch angegriffen. Als sie sich dagegen auflehnte verlor sie ihren Job. Als queere, schwarze Frau erfährt sie Diskriminierung und Hass gleich auf mehreren Ebenen. Im Gespräch mit der woxx erzählt sie, dass solche prekären Situationen in ihrem Bekanntenkreis oft zum Suizid geführt haben. Ein Beweggrund mehr für sie, den Hass auf queere, schwarze Menschen und allgemein gegen marginalisierte Geschlechter anzusprechen.

Keine Hierarchisierung, sondern Grundsatzdiskussion

In #QueerSuperPower vereint Prudent zwei ihrer künstlerischen Arbeiten: „PENSES BETES“ und „Portraits“. „PENSES BETES“ ist eine Sammlung diskriminierender Aussagen, die Prudent im Laufe ihres Lebens zu hören bekam. Sie reichen von rassistischen über sexistische bis hin zu homofeindlichen Kommentaren. Prudent hat sie aufgeschrieben, und manchen zur Illustration schlichte Zeichnungen hinzugefügt. Die Sprache allein, die Wörter, wiegen schwer genug: Es bedarf keiner aufwendigen Inszenierung. Prudent selbst nennt es eine „écriture réactive“. Sie bricht mit dem Schweigen und löst individuelle Erfahrungen durch die Versprachlichung aus ihrer Isolation heraus.

Die Menschen, die Prudent für ihre Serie „Portraits“ fotografiert hat, schauen auf vergleichbare Erfahrungen zurück. Sie teilen in wenigen Worten, die sie auf einer durchsichtigen Scheibe vor sich halten, ihre eigene Geschichte. Prudent hat die meisten Teilnehmer*innen, die keine professionellen Fotomodels sind, in der queeren Szene in Paris getroffen oder via Aufruf in den sozialen Netzwerken kennengelernt.

Die Repräsentation queerer, schwarzer Lebenswirklichkeiten in Frankreich – aber auch in Luxemburg oder anderswo – ist nichts, das im öffentlichen oder im kulturellen Diskurs groß thematisiert wird. Prudent geht es nicht darum, den Schmerz zu hierarchisieren. Ein Vorwurf, der ihr unter anderem von weißen, lesbischen Frauen in einem Pariser Szene-Club gemacht wurde. Mehrfachdiskriminierung ist aber wesentlich komplexer.

#QueerSuperPower ist eine Auseinandersetzung mit mehreren gesellschaftlichen Missständen: Queerfeindlichkeit, Rassismus, Privilegien weißer Menschen, dem Misstrauen gegenüber Opfern sexualisierter Gewalt. Prudent fordert zu Grundsatzdiskussionen auf. In der kommenden Woche erscheint ein längeres Interview mit Estelle Prudent in der woxx, in dem sie unter anderem über die Explosivität dieser Kumulierung spricht.

Mini-Veranstaltungsreihe

Die Ausstellung wird in Luxemburg im Rahmen einer kurzen Veranstaltungsreihe des Cigale und der Stadt Esch gezeigt. In dem Kontext lädt das Organisations-Team am Donnerstag, dem 17. Oktober 2019, zum Screening der ersten afro-queeren Webserie Europas in die Escher Kulturfabrik ein. In „ExtraNostro“ geht es um die Erfahrungen gleichgeschlechtlich liebender Menschen, die aus Afrika nach Europa gezogen sind. Das Event beginnt um 18:30 Uhr und endet mit einer Diskussionsrunde mit der Produzentin Kis Keya und dem Schauspieler Karim Camara. Der Eintritt ist frei. Die Ausstellung #QueerSuperPower läuft noch bis zum 28. Oktober und ist wochentags von 8 bis 17 Uhr geöffnet. Auch hier ist der Eintritt frei.


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