Frauenweihe: Gretchenfrage an die Regierung

In Deutschland streiken die Katholik*innen, in Luxemburg hakt nur Marc Goergen nach: Verstößt der Ausschluss der Frauen von der Priesterweihe gegen die Verfassung? Die Antwort der luxemburgischen Regierung ist ernüchternd.

CC BY JONAS BENGTSSON 2.0

Priesterinnen in der katholischen Kirche? Nicht mit dem luxemburgischen Weihbischof und Generalvikar Leo Wagner. Nicht jetzt und wenn überhaupt, dann nur theologisch begründet und nicht im Zeichen der Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern. Der Abgeordnete Marc Goergen (Piraten) findet diese Aussagen besorgniserregend: In seinen Augen verstoßen sie gegen die fundamentalen Prinzipien der luxemburgischen Verfassung – nämlich der Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern, die dem Kirchenglauben stillschweigend untergeordnet würde. Große Institutionen, in diesem Fall die Kirche, würden laut Goergen so gegen den politischen Willen, die Rolle der Frau in der Gesellschaft zu stärken, arbeiten.

„Battle“ der Grundrechte

Taina Bofferding (Ministerin für die Gleichstellung von Frauen und Männern) und Xavier Bettel (in seiner Funktion als Kultusminister) drehen in ihrer Antwort auf Goergens parlamentarische Anfrage kurzerhand den Spieß um und verweisen auf den Artikel 19 der Verfassung: „La liberté des cultes, celle de leur exercice public, ainsi que la liberté de manifester ses opinions religieuses, sont garanties, sauf la répression des délits commis à l’occasion de l’usage de ces libertés.“ Auch das sei ein Grundrecht, genauso wie das Recht auf Religionsfreiheit, das in der europäischen Menschenrechtskonvention verankert ist. Die Minister*innen sprechen von einem Konflikt der Grundrechte, in dem die Regierung ein „vernünftiges“ Gleichgewicht herstellen müsse. In ihrem gemeinsamen Schreiben folgt ein historischer Exkurs zu den Traditionen der katholischen Kirche: vom Zölibat der Priester bis zum Verbot der Priesterweihe für Frauen. Das seien Merkmale des katholischen Glaubens. In dem Sinne käme ein staatlicher Eingriff einer Verletzung der Religionsfreiheit gleich. Die Regierung (dieselbe Regierung, die das Vermummungsverbot durchwinkte) unterstütze damit nicht die katholische Kirche, sondern verteidige das Recht auf Religionsfreiheit. Im übertragenen Sinne: Wem es nicht passt, soll sich einem anderen Glauben anschließen. Pauschal würden die Konventionen jedenfalls nicht gegen das Grundrecht verstoßen. Die Antwort ist ein „Passe partout“: Bloß niemandem auf die Füße treten, schon gar nicht der Kirche.

„Meanwhile“ in Deutschland

In anderen Ländern geht es derweil kritischer zu, so beispielsweise in Deutschland, wo sich gläubige Katholik*innen zur Zeit für Frauenrechte im Katholizismus stark machen. Die Bewegung „Maria 2.0“ mischt die Kirchengemeinde mit Protestaktionen und kirchenkritischen Veranstaltungen auf. Im Mai 2019 traten die Aktivist*innen eine Woche lang in den Kirchenstreik. Wie viele Menschen teilnahmen ist ungewiss, doch die Initiator*innen erhielten eigenen Aussagen nach Rückmeldungen von 1.000 Gruppen. Ihnen geht es um mehr als nur um die Frauenweihe. „Aufgrund der bekannten und unbekannten massenweisen sexuellen Gewalt durch Amtsinhaber der katholischen Kirche sehen wir uns zum Handeln aufgefordert“, schreibt die Organisation auf ihrer Website. „Wir glauben, dass die Struktur, die Missbrauch begünstigt und vertuscht auch die ist, die Frauen von Amt und Weihe und damit von grundsätzlichen Entscheidungen und Kontrollmöglichkeiten in der Kirche ausschließt.“ Zum Sondergipfel zur sexualisierten Gewalt in der Kirche im Februar, verfasste die Organisation einen offenen Brief an Papst Franziskus, der online von 34.739 (Stand: 6. November 2019) Menschen unterzeichnet wurde.

Papst Franziskus sagte kürzlich, zum Diakonat der Frauen würde es in der katholischen Kirche in absehbarer Zeit keine Entscheidung geben. Die Kommission sei zu keinen gemeinsamen Schlussfolgerungen gekommen und die Situation müsse genauer erforscht werden. Vor 25. Jahren hatte Papst Johannes Paul II die Debatte für beendet erklärt, indem er das Diakonat für Frauen ausschloss und die Verantwortung, Leitung und Macht in der Kirche sowie ihre Kopplung an die Weihe hinterfragte.


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