EU wird LGBTIQ Freedom Zone: Das ist für Dich, Benjamin!

Das Europaparlament setzt einen Meilenstein in der Anerkennung von LGBTIQ-Rechten: Es erklärte die EU heute offiziell als „LGBTIQ Freedom Zone“.

„Gestatten Sie mir, diese Debatte Benjamin zu widmen – meinem ersten Enkel, der vor zwei Stunden geboren wurde“, eröffnete Helena Dalli, EU-Kommissarin für Gleichstellung, bei der gestrigen Plenarsitzung des EU-Parlaments ihren Redebeitrag zur Resolution „LGBTIQ Freedom Zone“. „Lieber Benjamin, ich wünsche dir, dass du in einem Europa ohne Hass leben wirst, in einem humanen Europa, in einem Europa, in dem du die besten Chancen in deinem Leben gewährt bekommen wirst, um all das zu sein, was du sein kannst.“ Das steht Benjamin zumindest theoretisch jetzt offen: Das Parlament erklärte die EU heute offiziell zur „LGBTIQ Freedom Zone“.

Die LGBTI Intergroup des EU-Parlaments hatte die Resolution Ende Februar eingereicht. Der Debatte ging unter anderem staatliche Gewalt gegen queere Menschen in Polen und Ungarn voran. Doch auch anderswo in Europa bestehen weiterhin Hass und Diskriminierung gegen LGBTIQA+ Menschen. Ein Umstand, den Marc Angel (LSAP), luxemburgischer EU-Abgeordneter und Co-Präsident der LGBTI Intergroup des EU-Parlaments, bedauert. „Diskriminierung und Hassverbrechen gibt es überall in Europa. Wir Sozialdemokraten verurteilen die fürchterliche Ermordung eines Menschen in Belgien“, sagte er in der Plenarsitzung vom 10. März.

Angel bezieht sich auf einen Mordfall in Beveren, Ostflandern. Hier wurde letzte Woche ein homosexueller Mann über eine Dating-App in eine Falle gelockt. Ein Fake-User lud ihn zu einer Verabredung ein. Am Treffpunkt im Freien angekommen, wurde das Opfer von drei Jugendlichen bedroht, verprügelt und niedergestochen. Die Jugendlichen gestanden den Betrug und die Tat. Mehrere Medien berichten, dass die Polizei wegen zwei weiteren Raubüberfällen auf schwule Männer in der Region gegen sie ermittelt.

„Viele in der LGBTI Gemeinde gingen davon aus, dass die Dinge besser werden würden, aber offensichtlich verschlechtern sie sich. Krankenschwestern, Ärzte und andere Menschen bekämpfen Covid-19, aber in Polen und Ungran hat die Regierung nichts anderes zu tun als Sündenböcke zu suchen und die LGBTIQ Personen dafür schuldig zu machen, dass sie die Demokratie zerstören“, so Angel. Die EU-Abgeordnete Isabel Wiseler-Lima (CSV) sprach von Menschenwürde, die es zu verteidigen gelte. „Wir müssen die schützen, die leiden. Wir müssen die bilden, die aus Unwissenheit agieren. Wir müssen, wenn nötig, gegen die kämpfen, müssen die verurteilen und bestrafen, die soziale und politische Verantwortung tragen und gegen LGBTIQ Menschen handeln“, befürwortete sie die Resolution. „Heute haben wir das Bewusstsein, dass nichts für immer erreicht ist und dass wir unsere Erfolge in Sachen Menschenrechte nach wie vor und für immer verteidigen müssen. Ich finde, dass wir stolz sein können auf die EU, die wir dabei sind aufzubauen – auf die Rechte, die wir durch diese Resolution für uns, für unsere Jugendlichen und unsere Kinder bestätigen.“

Die Europäische Kommission hat im November 2020 ihre erste LGBTIQ Gleichstellungsstrategie verabschiedet. Die EU-Abgeordneten sind sich – bis auf wenige Ausnahmen – einig, dass diese nicht in einer Schublade verschwinden, sondern umgesetzt werden muss. Ana Paula Zacarias, Portugals Staatssekretärin für europäische Angelegenheiten, gab in ihrem Beitrag an, dass nächste Woche ein Minister*innenrat zusammenkommt, um über queerfreundliche Legislationen in der EU und in den Mitgliedsstaaten zu diskutieren. Das EU-Parlament beteilige sich außerdem mit verschiedenen Aktionen am International Day Against Homophobia, Transphobia And Biphobia (Idahobit), am 17. Mai 2021.

Helena Dalli bestätigte, dass die EU-Kommission mit der Umsetzung der Strategie begonnen habe. „Gemeinsam können wir Barrieren niederreißen“, sagte sie. Ist das eine Wunschvorstellung, bei der konservative Bevölkerungsschichten nicht mitziehen werden? Was ist mit den politischen Gegner*innen queerfreundlicher Beschlüsse? Es sind beunruhigende, offene Fragen – und trotzdem: Die Deklaration der EU ist ein wichtiges und bedeutendes Zeichen im Gleichstellungskampf.


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