Ist der Verlust eines Abschlusszeugnisses mit der Anpassung an einen neuen Personenstand gleichzusetzen? Das zumindest legt eine Regelung des Bildungsministeriums nahe.
Menschen, die ihren Geschlechts- und ihren Namenseintrag nach Studienabschluss offiziell geändert haben, erhalten kein neues, an ihre Personendaten angepasstes Zeugnis. Das bringt mit sich, dass die erlangten Abschlüsse nicht mit den Identitätspapieren übereinstimmen. So zumindest die Annahme des CSV-Abgeordneten Paul Galles, die sich im Austausch mit Bildungsminister Claude Meisch teilweise bestätigt. Die bestehenden Regelungen sind sogar einen Tick problematischer als gedacht.
Tatsächlich gelten die Änderungen, die im Register des „état civil“ vermerkt werden, nicht rückwirkend. Sie beziehen sich nur auf die Zukunft. „Um die Rechtssicherheit zu gewährleisten, wird ein Diplom nur einmal ausgestellt“, schreibt Meisch in seiner Antwort auf Paul Galles parlamentarische Anfrage. Diplome und Zertifizierungen, die eine Person erhalte, würden gemäß des Namens- und Geschlechtseintrags zum Zeitpunkt der Prüfungsentscheidung ausgestellt. Der Einwand mit der Rechtssicherheit ist irreführend, ist eine Doppelung in dem Fall doch ausgeschlossen. Wie dem auch sei: Das Bildungsministerium ist sich bewusst, dass diese Umstände früher oder später zu einem Zwangs-Outing in der Arbeitswelt oder auf weiterführenden Bildungswegen führen. Immerhin bedürfen voneinander abweichende Personenangaben auf den Ausweispapieren und den Zeugnissen einer Erklärung gegenüber den jeweiligen Autoritäten.
Das Bildungsministerium macht es sich leicht: Betroffene, die vorweisen können, dass sie ihren Geschlechtseintrag geändert haben, erhalten eine Bescheinigung des Ministeriums, dass sie über offiziell anerkannte und eingetragene Leistungsnachweise verfügen. Auf dieser Bescheinigung sind die aktualisierten Personendaten eingetragen. Die Bescheinigungen sind mit dem eigentlichen Diplom gleichzusetzen und demnach bestünde, so Meisch, keine Gefahr aufgrund „einer Trans-Identität“ diskriminiert zu werden. Das gleiche Prozedere gilt allerdings auch für Menschen, die ihr Zeugnis verloren haben. Dass die besagte Lösung deshalb negativ konnotiert ist, scheint am Bildungsministerium vorbeizugehen.
Einerseits ist es wichtig, dass grundsätzlich die Möglichkeit besteht, sich seine Leistungen nach der Änderungen des Personenstandes anerkennen zu lassen. Das steht außer Frage. Es ist jedoch problematisch, dass dies administrativ mit dem Verlust der Zeugnisse gleichgestellt wird. Aus Prinzip. Es deckt auf, dass trans Menschen in administrativen Prozessen – trotz nationaler Verbesserungen – teilweise immer noch unsichtbar sind. Es hätte symbolischen Charakter, Betroffenen ein neues Diplom auszustellen, anstatt sie mit einer Bescheinigung abzuspeisen, die obendrein zum Trugschluss führt, sie hätten ihre Zeugnisse verloren. Das ist noch dazu eine Verzerrung der Realität.
Seit 2018 können Menschen in Luxemburg ihren Personenstand ohne ärztliches Gutachten offiziell ändern. 38 Menschen haben bisher davon Gebrauch gemacht.