Kommunikation des Bildungsministeriums: Konsequente Realitätsverzerrung

Seit er Bildungsminister ist, wird Claude Meisch mangelnde Dialogbereitschaft vorgeworfen. Gebessert hat sich bisher noch nichts.

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Personalvertretungen, die sich übergangen fühlen, Reformen, die dem Praxistest nicht standhalten, offene Briefe und Presseanfragen, die unbeantwortet bleiben – glaubt man der Selbstdarstellung des Bildungsministeriums, handelt es sich hierbei nur um Einzelfälle und Missverständnisse. Der zuständige Minister, Claude Meisch (DP) behauptet sich darauf, sowohl mit den Sozialpartnern als auch mit der Presse gute Kontakte zu pflegen.

Zu den Problematiken des Einzelkämpfertums und der Dialogverweigerung gesellt sich demnach noch eine weitere, nämlich die der Realitätsverzerrung. Das Bildungsministerium sieht die Vorwürfe nicht nur nicht ein: Es stellt sich je nach Anlass unwissend, verdreht die Wahrheit oder spielt auf Zeit, indem Reaktionen oder Gesprächsangebote unnötig lange auf sich warten lassen.

Egal ob Meisch auf Pressekonferenzen einen Ton anschlägt, als lese er gerade Kindern ein Märchen vor, oder auf kritische Fragen reagiert, als seien die Fragenden nicht in der Lage, die Brillanz seiner Initiativen auf Anhieb zu verstehen: Stets ist da die Weigerung, seinen Adressat*innen auf Augenhöhe zu begegnen. Wenn es um den anhaltenden Vorwurf der schlechten Kommunikation geht, wird die gleiche Haltung erkennbar. Das Schema verläuft meist sehr ähnlich: Meisch und seine Berater*innen behaupten, mit den Sozialpartnern kommuniziert und jede Frage der Presse beantwortet zu haben, und übertragen diesen die Schuld für eventuelle Versäumnisse. Mit den Personalvertretungen sei kommuniziert und ihre Forderungen seien umgesetzt worden, man könne die anhaltenden Vorwürfe also nicht nachvollziehen. Unbeantwortete Pressefragen wären versehentlich im Junk-Folder gelandet und daher ungelesen geblieben, da seien die Journalist*innen halt selbst schuld, wenn sie nicht per Telefon nachgehakt hätten. Resultat dieses Vorgehens: Nicht Meisch gerät in Erklärungsnot, sondern seine Kritiker*innen. Erhöhen diese den Druck und treten mit ihren Bedenken an die Öffentlichkeit, sieht das Bildungsministerium sich unfair behandelt: Die Bereitschaft zum Gespräch habe doch stets bestanden.

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In der Psychologie wird diese Taktik „Gaslighting“ genannt. In der politischen Kommunikation kann sie in der Schaffung alternativer Realitäten bestehen. So etwa, wenn ein Minister sich felsenfest auf seine Kommunikationsfreudigkeit behauptet, diejenigen, die in den Genuss dieser kommen sollten, jedoch das genaue Gegenteil erleben. Einmal davon abgesehen, ob es stimmt, dass das Bildungsministerium es nie allen recht machen kann, wäre es schon mal ein Anfang, wenn es Dialoge, Kompromisse und Fehlereingeständnisse als notwendige Aspekte demokratischer Prozesse ernstnähme. Zu sagen, dass Forderungen nachgekommen worden sei, ist nicht dasselbe, wie diesen tatsächlich nachzukommen. Ein Monolog ist etwas anderes als ein Dialog und ein Gespräch ist nicht notwendigerweise konstruktiv. Solange das Bildungsministerium diese Unterschiede nicht wahrhaben möchte, wird sein Verhältnis zu den oben erwähnten Akteuren wohl angespannt bleiben.

Was erhofft sich Meisch davon, diejenigen zu vergraulen, die seine Politik täglich in die Tat umsetzen müssen?

Es fragt sich, wie lange das noch gut geht. Was erhofft sich Meisch davon, diejenigen zu vergraulen, die seine Politik täglich in die Tat umsetzen müssen? Wieso nicht reagieren, wenn Lehrkräfte, Erzieher*innen, Sozialpädagog*innen, Schüler*innenvertretungen und Schulpsycholog*innen fürchten, dass geplante Veränderungen nicht im besten Interesse der Kinder und Jugendlichen sind?

Es ist jedenfalls zweifelhaft, ob in der Luxemburger Bildungspolitik das Wohlergehen der Schüler*innen zurzeit im Vordergrund steht – umso paradoxer, da doch genau dieses zum Motto der diesjährigen Rentrée erklärt wurde.


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