Eine Studie zum ökologischen Fußabdruck Luxemburgs belegt, dass das Land noch weniger nachhaltig konsumiert und produziert als der Rest der Welt.
Die Meldung des Nachhaltigkeitsrats (Conseil supérieur pour un développement durable, CSDD) vom Wochenende begann mit einer guten Nachricht: Der „Earth Overshoot Day“ fiel dieses Jahr auf den 22 August, also später als im Vorjahr (29. Juli). Der Tag veranschaulicht, ab wann die Menschheit als Ganzes die natürlichen Ressourcen, die die Erde pro Jahr regenerieren kann, verbraucht hat, und „über ihre Verhältnisse lebt“. Die Berechnung erfolgt nach der Methode des ökologischen Fußabdrucks (bereits 2002 in der woxx erklärt). In den vergangenen Jahrzehnten hat sich dieses Datum fast jedes Jahr nach vorne verschoben, vom 29. Dezember 1970 über den 4. Oktober 1995 auf den 29. Juli 2019 (www.overshootday.org). Doch 2020 rückt es nach hinten: Durch die Covid-19-Pandemie ist der CO2-Ausstoß weltweit kurzfristig zurückgegangen, die Menschheit hat (ein bisschen) nachhaltiger gelebt.
Der CSDD nutzt die Gelegenheit, eine Studie zum Fußabdruck des Großherzogtums vorzustellen. „Der Luxemburger Erdüberlastungstag 2020 wird vom Global Footprint Network auf den 16. Februar geschätzt“, so der Nachhaltigkeitsrat (online-woxx: „Ab heute lebt Luxemburg auf Pump“). Würde die gesamte Menschheit so leben wie Luxemburg, so bräuchte sie etwa acht Erden, statt „nur“ 1,6 Erden, die dem Datum des 22. Agust entsprechen … oder der einen, auf der wir leben. Der CSDD schließt daraus: „Die Menschen hierzulande leben laut dieser Schätzung ab Mitte Februar daher auf Kosten kommender Generationen und der Menschen im globalen Süden, die deutlich weniger verbrauchen, aber stärker von den ökologischen Folgen betroffen sind.“
Luxi-Erden: Fossil und tierisch
Die Studie, die vom Institut fir Biologësch Landwirtschaft an Agrarkultur (IBLA) erstellt wurde, verdeutlicht die Auswirkungen des Energieverbrauchs auf den Fußabdruck: Über die Hälfte der acht Luxi-Erden geht auf den Verbrauch von fossilen Brennstoffen und Elektrizität zurück. Doch auch der Food-Footprint durch den Lebensmittelverbrauch ist ansehnlich: 1,28 Erden, davon etwa 0,65 allein durch Konsum von Fleisch und tierischen Produkten.
Der CSDD unterstreicht allerdings auch die „Sondereffekte für Luxemburg“ aufgrund der Berechnungsmethode des Fußabdrucks, beteuert aber, dies geschehe „nicht mit dem Ziel, irgendetwas schönzurechnen“. Bereits bei der ersten Berechnung des hiesigen Fußabdrucks 2010 hatte der CSDD den Konsum der Tanktourist*innen und der Grenzpendler*innen herausgerechnet (woxx 1063: „Pediküre reicht nicht“). Damals blieben von sechs Erden noch dreieinhalb, diesmal bleiben von acht Erden noch fast sechs, die direkt auf das Konto der Luxemburger Bevölkerung gehen. Der CSDD deutet allerdings an, dass man noch andere Teile des Fußabdrucks wie den massiven Energieverbrauch des Dienstleistungs- und des Logistiksektors abrechnen müsse – was nicht grundsätzlich falsch ist, jedoch die Frage nach der Nachhaltigkeit dieser Wirtschaftszweige aufwirft.
Mehr Wasserstoff, weniger Einwanderung!
Der CSDD stellt aber nicht nur den Ressourcenverbrauch vor, sondern auch Lösungsansätze. Dass dabei auf Modeworte des grünen Wachstums wie Telearbeit, Kreislaufwirtschaft, und Wasserstoffökonomie gesetzt wird, ist angesichts der vielen Wirtschaftsleuten im Gremium wenig verwunderlich. Immerhin werden einige problematische Aspekte, zum Beispiel bei der Telearbeit, angesprochen: „Da der Elektrizitätsverbrauch wiederum zunimmt (Datenzentren und Kommunikation), ist es umso wichtiger, dass Elektrizität aus erneuerbarer Energie gewonnen wird.“ Auf ein paar der Lösungsansätzen gehen wir in der Analyse „Klagen mit Zagen“ ein.
Im Bereich Landwirtschaft plädiert der CSDD konsequenterweise für eine Reduktion des Fleischkonsums. Außerdem wird empfohlen, „den zum reinen Export gehaltenen Tierbestand, welcher mit einer hohen Gewässerbelastung an Nitraten einhergeht, [zu] reduzieren und vermehrt gezielt auf defizitäre Produktionszweige [zu] setzen (Reduktion von Milchproduktion und Rindfleisch, Förderung von Obst- und Gemüseproduktion sowie Schweinefleisch und Geflügel)“.
Unter dem Titel „Entkopplung von Wachstum“ schließlich prangert der CSDD Luxemburgs Wachstum, insbesondere das Bevölkerungswachstum, als „Paradebeispiel für ein nicht nachhaltiges Wirtschaftsmodell“ an. Zwar erwähnt der Nachhaltigkeitsrat, dass die Eingewanderten den Planeten nicht mehr in ihrem Ursprungsland belasten, bedauert aber, dass die Pro-Kopf-Betrachtung „keine Aussage zu den Konsequenzen eines demographischen Wachstums auf ein begrenztes Territorium“ erlaube. Ob dieses Wachstum wirklich „europaweit außergewöhnlich und einzigartig“ ist, sei dahingestellt. Die Fixierung des CSDD auf das Bevölkerungswachstum ist jedenfalls nicht unproblematisch (siehe Kommentar: „Kleines Land in der Prärie“).
Vorstellung der Studie auf der CSDD-Website.
Alle woxx-Beiträge zum Fußabdruck 2020.