Böse Überaschung: Die europäische Zulassung für Glyphosat wird verlängert. Reaktionen und Analyse. (UPDATE: Weitere nationale Reaktionen)
„Sie haben sich taub gestellt gegenüber dem Europäischen Parlament (…) und gegenüber der über eine Million Europäer, die die Stop-Glyphosate-Petition unterschrieben haben.“ Mit diesen Worten zitiert das EU-Nachrichtenportal Euractiv die sozialdemokratische Europaparlamentarierin Kathleen Van Brempt. Dass die EU-Mitgliedstaaten sich gestern nachmittag auf eine Verlängerung der Genehmigung für das umstrittene Glyphosat einigten, dürfte für manche ein regelrechter Schock gewesen sein. Selten zuvor hatten AkteurInnen der europäischen Zivilgesellschaft so effizient gegen ein Projekt mobilisiert und öffentliche Aufmerksamkeit erlangt.
Die Begeisterung für die Mobilisierung dürfte sich nun bei vielen in ein verstärktes Misstrauen gegenüber den EU-Institutionen verwandeln. „Gerade diejenigen, die uns vor gefährlichen Pestiziden schützen sollen, haben versagt und haben das Vertrauen verraten, das die Europäer in sie gesetzt haben“, kritisiert auch die Greenpeace-International-Vertreterin Franziska Achterberg.
Scharfe Kritik an der Glyphosat-Verlängerung auch in Luxemburg
Ähnlich sieht es der Mouvement écologique in seiner Reaktion: „Hier entpuppten sich die Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten und auch die EU-Kommission erneut als verlängerter Arm von Multinationalen (…) Vertrauen der BürgerInnen in die EU und ihre Institutionen aufzubauen sieht anders aus!“ Die NGO richtet aber auch an den Landwirtschaftsminister Fernand Etgen, der im Namen der Regierung gegen die Verlängerung gestimmt hat, eine Forderung: Er soll jetzt auf nationaler Ebene eine Exit-Strategie für Glyphosat im künftigen Aktionsplan Pestizide verankern. Hierfür tritt auch Greenpeace Luxemburg ein, ohne auf die europapolitische Problematik einzugehen. In der Tat ist es den Mitgliedstaaten freigestellt, trotz der EU-Entscheidung die Nutzung von Glyphosat einzuschränken.
CSU provoziert Neuwahlen?
Doch wie konnte es zu dieser Entscheidung kommen, nachdem zuvor alle Verlängerungsanträge gescheitert waren? Es war die Stimme Deutschlands, die den Ausschlag gegeben hat. Und laut Spiegel online handelt es sich um einen Alleingang des CSU-Landwirtschaftsministers Christian Schmidt, der sich über die Position der SPD-Umweltministerin Barbara Hendricks hinwegsetzte.
Gewiss, Schmidt stand unter dem Druck der bayrischen Agrarlobby. Doch mit seinem Vorpreschen liefert er all denen in der SPD ein Argument, die der Idee einer großen Koalition ablehnend gegenüberstehen. Die logische Folge sind Neuwahlen – ob das wirklich zum Vorteil der CSU ist, steht auf einem anderen Blatt.