Die Diskussionen um den Klimawandel offenbaren mehrere Generationenkonflikte. Diese Unterschiede erschweren es öfters das Phänomen in seiner Gänze zu begreifen.

(©David Holt_Wikipedia)
Dass viele Babyboomer und die Alt-68er über die Forderungen der heutigen Jugend geschockt sind, ist wenig erstaunlich. Ging es vor mehr als 50 Jahren darum das Recht auf ein vollständiges Leben unter Ausschöpfung aller Ressourcen einzufordern, so muten die Ansprüche der heutigen Generation regelrecht calvinistisch an. Es muss ein – regressives – Umdenken geben im Konsumverhalten, in der Lebensgestaltung und im Umgang mit der Politik. Was manche rechte Kommentator*innen soweit bringt, den Klimaaktivist*innen zu unterstellen, die Demokratie abschaffen zu wollen – wie der kürzlich vom Spiegel zum Focus gewechselte Kolumnist Jan Fleischhauer in seinem „Schwarzen Kanal“.
Doch nicht nur zwischen dieser Generation und den Millennials von „Fridays for Future“ oder „Extinction Rebellion“ gibt es Konflikte, auch Menschen die in den 1980er-Jahren aufgewachsen sind haben oft einen anderen Blickpunkt auf das heutige Geschehen. Das liegt vor allem an dem apokalyptischem Gebaren, welche die heutige Bewegung an den Tag legt. Denn in den 1980e- Jahren herrschte bereits eine permanente Apokalypse. Nicht nur der Hintergrund des ständig eskalierenden Kalten Krieges sorgte dafür. Auch dass zum ersten Mal globale Umweltprobleme politisch und medial eine Rolle spielten, hat dazu beigetragen, dass diese Generation die erste war, die mit einem Bewusstsein um die Empfindlichkeit der Natur und die Zerstörungskraft der industriellen Moderne aufwuchs. Wenn es nicht der saure Regen war, der die grüne Lunge Wald zum Ersticken brachte, war es das Ozonloch, das die Menschheit zu grillen drohte. Auch der Reaktorunfall von Tschernobyl im Jahre 1986 trug nicht dazu bei die Weltuntergangsstimmung zu lindern.
Zur Geschichte gehört auch, dass die Gesellschaft damals reagierte. Es wurden FCKW-freie Kühlschränke gebaut, entschwefelte Kraftstoffe verkauft, Katalysatoren in die Autos montiert und die Haarspraydosen verschwanden – was den positiven Nebeneffekt hatte, dass die Menschen auch wieder zu erträglicheren Frisuren fanden. In diesem Sinne muss es auch Verständnis dafür geben, wenn die Vertreter*innen dieser Generation das Weltuntergangsgehabe der Millennials mit einer Portion Misstrauen begegnen.
Es ist wahrscheinlich einfacher den Klimawandel zu stoppen, als all die Kaisers und Vogels dieser Welt von ihm zu überzeugen.
Das heißt aber noch lange nicht, dass sie Recht haben die ihnen nachfolgende Generation nicht ernst zu nehmen im Sinne von: „Apokalypse? Hatten wir schon mal!“ Denn der Kontext ist ein grundsätzlich anderer. Der Eiserne Vorhang verhinderte damals eine vernetzte Welt, wie wir sie heute kennen. Die Welt und mit ihr auch die Herausforderungen schienen kleiner, die Bedrohung des Klimawandels war zwar bekannt, wurde aber noch nicht ernst genommen. Heute genügt es nicht mehr ein paar technische Anpassungen vorzunehmen und alles geht weiter wie bisher. Was auch daran liegt, dass CO2 wortwörtlich aus dem Motor der Wirtschaft kommt, und nicht so einfach zu ersetzen ist wie FCKW.
Der Klimawandel ist nicht nur ein ökologisches Problem, sondern auch ein soziales. Es geht um Umverteilung in unseren Gesellschaften, um wirkliche Gerechtigkeit gegenüber der dritten Welt und um den Kampf gegen die Industrie- und Finanzlobbys, die nicht nur die europäische Politik fest im Griff haben. Der Umbruch, den der Kampf gegen den Klimawandel verlangt, ist also weitaus bedeutender als die paar Kompromisse vor 30 Jahren.
Es gibt viel zu tun. Und es wäre sicher ressourcenschonend die Klima-Skeptiker*innen und Leugner*innen in ihrer eigenen Soße marinieren zu lassen und den Kampf da aufzunehmen, wo er pragmatisch Sinn macht. Es ist wahrscheinlich einfacher den Klimawandel zu stoppen, als all die Kaisers und Vogels dieser Welt von ihm zu überzeugen. Aber auch deshalb macht das Weltuntergangsgehabe wenig Sinn – es befeuert lediglich eine Diskussion, die an sich unnötig ist, da sie zu nichts führt außer Internet-Troll-Duellen (und die wiederum kosten reale Server-Energie). Besser wäre es, weniger dramatisch und pragmatischer zu agieren, um auch jene an Bord zu kriegen, die keine Lust auf permanente Apokalypse haben. Packen wir’s an!
Das könnte Sie auch interessieren:
- Podcast: Am Bistro mat der woxx #065 – Lächer am soziaalen Netz zu Lëtzebuerg & Léisunge fir d’Klimakris
- Podcast: Am Bistro mat der woxx #057 – Streetart an Klimawandelleegner*innen
- Klimaprotest ist kein Thermenurlaub
- Luxemburg verbessert sich im Klimaschutz-Index 2020
- Europäische Investitionsbank: Umwelt-NGOs beklagen Rückschritte bei der Investitionspolitik