Ein halbes Jahr nach dem Inkrafttreten des Klimagesetzes fehlt immer noch das großherzogliche Reglement, das die Ziele für die einzelnen Sektoren festlegen soll. Der Mouvement Ecologique überlegt nun, die Regierung deswegen zu verklagen.
Seit dem 15. Dezember 2020 hat Luxemburg ein Klimaschutzgesetz. Was im November 2019 als ambitioniertes Gesetzesprojekt vorgestellt wurde, ist im Laufe des legislativen Prozesses regelrecht ausgeweidet worden: Das Klimagesetz blieb nicht viel mehr als ein Rahmen, der durch ein großherzogliches Reglement mit Leben gefüllt werden soll (siehe woxx-Artikel „Unrealistische Realpolitik“). Konkret fehlen die Zielvorgaben für die fünf Sektoren Industrie, Bau und Energieproduktion, Transport, Wohnbau, Land- und Forstwirtschaft sowie Abfallwirtschaft. Als das Parlament das Gesetz vor einem halben Jahr abstimmte, wusste noch niemand, wie groß die Anstrengungen der einzelnen Sektoren sein müssten. Ebenfalls angenommen wurde damals eine Motion, die die Regierung aufrief, die Ziele „so schnell wie möglich“ zu veröffentlichen.
Sechs Monate später hat sich nichts an der Situation geändert . „Nur wenige Dossiers spiegeln jedoch auf derart eindrucksvolle Art und Weise wider, wie sehr Ankündigungen und Wirklichkeit in der Politik auseinanderliegen können“, schreibt die Umwelt-NGO Mouvement Ecologique in einer Pressemitteilung, in der sie ankündigt, rechtliche Schritte gegen die Regierung zu veranlassen. Ohne das Ausführungsreglement sei das Gesetz „ein zahnloser Tiger“. Im Vorfeld hatten Meco und andere NGOs gefordert, die Sektor-Ziele gleich in das Gesetz zu schreiben.
Die Sektorziele sind immer noch nicht veröffentlicht
Was im Gesetz festgelegt ist: An jedem Jahresende soll analysiert werden, ob die Einsparungsziele erreicht wurden. Dabei soll es auch möglich sein, dass ein Sektor, der sein Ziel nicht erreicht, mit einem anderen verhandeln kann, um die Reduktionsziele neu zu verteilen. In seiner Stellungnahme fragt der Mouvement, wie es Ende 2021 wohl möglich sein wird, Ziele zu analysieren, von denen ein halbes Jahr lang niemand wusste. „Es wird wohl somit der politischen Kreativität obliegen, wie seitens der Politik die Nicht-Einhaltung nicht gesetzter Ziele dargestellt werden kann und wie die Verhandlungen über die Neu-Verteilung von ‚nicht festgelegten‘ und ‚nicht erreichten‘ Zielen zwischen Ressorts ohne Datenbasis erfolgen kann“, heißt es weiter von der Umwelt-NGO.
Auch die beiden Gremien, die mit dem Gesetz geschaffen wurden, sind noch nicht besetzt worden: Weder das Observatorium für Klimapolitik, das die Klimapolitik der Regierung wissenschaftlich begleiten und einen jährlichen Bericht verfassen soll, noch die Aktionsplattform für das Klima und die energetische Transition, die sich aus Vertreter*innen der Gemeinden, der Zivilgesellschaft, der Wirtschaft und Investor*innen zusammensetzen soll.
Der Meco will klagen
Es bleibt nicht mehr viel Zeit, um die Emissionen zu senken, wenn das Ziel von 1,5 Grad Celsius Erwärmung gegenüber vorindustriellen Zeiten eingehalten werden soll. Je länger wir warten, umso heftiger werden die Maßnahmen ausfallen – was auch die Wirtschaft belasten wird. Dementsprechend drängt der Meco die Regierung, endlich die sektoriellen Reduktionsziele zu veröffentlichen – dies sollte nach Vorstellungen der Umwelt-NGO noch vor den Sommerferien passieren.
Das ist durchaus als Ultimatum zu verstehen, denn der Meco hat eine juristische Analyse durchführen lassen, ob es möglich ist, die Regierung wegen Nicht-Einhaltung der Klimaziele durch Verzögerung zu verklagen. Laut der NGO ist diese Analyse positiv ausgefallen – nun erwägt der Mouvement entsprechende rechtliche Schritte. Das könnte durchaus spannend werden, wenn auch in Luxemburg, so wie es in Deutschland und in Frankreich passiert ist, ein Gericht die Regierung zum Klimaschutz verpflichtet. Für die Regierung, insbesondere für Déi Gréng, wäre das eine riesige Blamage.
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