Carole Thoma (Déi Lénk): Was ist radikal, was realistisch?

Um Radikalität und Ökosozialismus geht es im ersten Teil unseres Interviews mit Carole Thoma über die Sommer-Uni von Déi Lénk.

Carole Thoma
Die 29-jährige Bauingenieurin ist seit 2015 Sprecherin von Déi Lénk. Sie hat bei den drei aufeinanderfolgenden Wahlen 2017 bis 2019 kandidiert und interessiert sich für ein breites Spektrum politischer Themen. (Quelle: www-dei-lenk.lu)

Was war die Ausrichtung der Sommer-Uni von Déi Lénk? Eine Analyse der enttäuschenden Wahlergebnisse von 2018 und 2019?

Ich würde das relativieren: Natürlich waren wir nicht ganz glücklich über die Ergebnisse, aber wir haben auch nicht wirklich viel verloren. Die Idee bei der Sommer-Uni war, dass wir nach drei Jahren, in denen wir uns auf Wahlen konzentriert haben, nun wieder Zeit für eine Standortbestimmung haben. Die Uni war eine erste Etappe, bei der Fragen aufgeworfen wurden: Sind wir eine Bewegung oder eine Partei? Wie stehen wir zur Zivilgesellschaft? Wie wichtig sind uns Wahlen und politische Institutionen? Für die Antworten wollen wir uns Zeit lassen.

Eines der Themen war die Frage der Radikalität – soll man auf Grundsätze pochen oder pragmatisch auf die Menschen zugehen?

Das ist sehr spannend, denn wir sind uns selber nicht einig darüber, was radikal ist und was nicht. Manche haben uns vorgeworfen, unser jüngstes Programm sei nicht radikal genug, für andere war es das radikalste, das wir je hatten. Klar ist, dass wir im Gegensatz zu der Sozialdemokratie für die radikale Linke stehen. Ziel ist die Überwindung des Kapitalismus, in die Richtung soll es gehen. Ich würde aber nicht sagen, das sei nicht realistisch. Wir setzen uns für eine radikal linke Sozialpolitik ein, die durchaus umsetzbar ist.

„Die Ungleichheit beschleunigt den Klimawandel.“

Neben dem Sozialen ist die Ökologie  mittlerweile ein wichtiges Thema für Déi Lénk geworden. Sie tritt für einen sozial-ökologischen Umbau ein, stößt sich aber manchmal auch an den Widersprüchen zwischen sozialen und Umweltinteressen.

Auf den ersten Blick gibt es solche Widersprüche, doch eigentlich stellt man fest: Je ungerechter eine Gesellschaft, umso größer ist ihr ökologischer Fußabdruck. Studien zeigen, dass die Ungleichheit den Klimawandel beschleunigt. Soziales und Ökologie sind vereinbar, und der Reichtum muss umverteilt werden.

Was ist mit Klimasteuern, insbesondere mit der Besteuerung von Treibstoffen?

Zum jetzigen Zeitpunkt sollen die zahlen, die am meisten verschmutzen. Und das sind nicht die kleinen Leute, nicht die, die auf das Auto angewiesen sind, weil sie keinen Zugang zum öffentliche Verkehr haben. Verantwortlich für die Verschmutzung ist die Großindustrie, die Spekulanten, die Superreichen. Die sollten also besteuert werden, statt wieder einmal die zu belasten, die kaum über die Runden kommen.

 

Sommer-Uni von Déi Lénk

Weit weg von ihrem angestammten Millieu im urbanen Süden des Landes hat Déi Lénk Ende Juli eine Art Selbstfindungsprozess initiiert: Am Obersauer-Stausee wohnten und diskutierten zwei Tage lang bis zu dreißig Mitglieder und Interessent*innen in der Lultzhausener Jugendherberge. Eingeladen waren Referent*innen aus der Zivilgesellschaft und von Die Linke. Auf die behandelten Themen gehen wir im zweiten, morgen erscheinenden Teil des Interviews ein.

(Foto: Nathalie Oberweis)


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