Eine Studie der Universität Luxemburg bestätigt, dass geschlechtsbezogene Stereotype gesellschaftlich noch immer dominierend sind. Besonders bei Jungen und Männern besteht Handlungsbedarf.

Genderstereotype werden uns von der frühsten Kindheit an vermittelt.
(© Ben Kerckx/Pixabay)
Am Dienstag präsentierten Mega-Ministerin Taina Bofferding und Universität Luxemburg in Esch Belval die Befunde der Studie „Lëtzstereotype18“, in der das Auftreten geschlechtsbezogener Stereotype bei 14- bis 30-Jährigen analysiert wird. Für die von der Universität Luxemburg und dem Ministerium für die Gleichstellung von Frauen und Männern in Auftrag gegebene Studie wurden insgesamt 396 Personen befragt. Die Studie kommt zu ähnlichen Ergebnissen wie solche aus anderen europäischen Ländern: Junge Frauen lehnen stereotypes Denken stärker ab als es junge Männer tun1. Letztere haben ein größeres Problem damit, wenn Frauen von Weiblichkeitsnormen abweichen als umgekehrt. Die Forscher*innen sehen deshalb bei männlichen Personen am meisten Entwicklungspotenzial für „egalitäres Denken“ und erkennen darin auch einen Ansatzpunkt für die Prävention und Intervention. Die meisten Befragten nannten ihre Eltern als den größten Einfluss auf die eigenen Erwartungen bezüglich Männern und Frauen.
Ein Fokus der Studie lag bei der Mediennutzung. Jungs und Männer nutzen Videospiele nicht nur häufiger als Mädchen und Frauen, sondern schreiben ihnen auch einen stärkeren Einfluss hinsichtlich ihrer eigenen geschlechtsbezogenen Vorurteile zu (siehe hierzu auch diesen Artikel). Mädchen und Frauen nutzen dagegen stärker soziale Medien und schreiben diesen wiederum einen größeren Einfluss zu als es Jungs und Männer tun. Wie in der Studie beschrieben wird, werden Mädchen oft kritisiert, wenn sie stereotype Erwartungen in ihrer online-Präsenz nicht erfüllen.
Die Studie interessierte sich auch dafür, wie Geschlechterstereotype das Selbstbild sowie das Bild der „Geschlechtsgenossen“ beeinflussen. Einer der Befunde: Die Teilnehmerinnen sehen zwar nicht ihre Berufswahl, dafür aber ihre Karrierechancen durch eigene Stereotype eingeschränkt. Dieses Phänomen wird in der Studie als „Stereotype Threat“ beschrieben, nämlich die Angst, anhand stereotyper Erwartungen und Kriterien gemessen zu werden. Diese Angst mindert das Selbstwertgefühl, was sich sowohl negativ auf die eigenen beruflichen Bestrebungen als auch auf die eigenen Leistungen auswirken kann – eine laut der Studie ‚sich selbst erfüllende Prophezeiung‘.
Es ist begrüßenswert, dass das Ministerium für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf eine verstärkte Zusammenarbeit mit der Universität Luxemburg setzen will, statt, wie etwa in der vergangenen Legislaturperiode üblich, Präventionskampagnen mit zweifelhafter bis kontraproduktiver Wirkung ins Leben zu rufen. Besonders das Fettnäppchen, in das das Mega 2017 mit der „Votez égalité“ Kampagne getreten war, hätte durch einen stärken Bezug auf Erkenntnisse der Gender Studies vermieden werden können.
Es bleibt abzuwarten, mit welchen Maßnahmen das Ministerium für die Gleichstellung von Frauen und Männern auf die vorliegenden Befunde reagieren wird. Die in der Studie formulierten Präventions- und Interventionsansätze geben eine erste Richtung vor. Es ist jedoch zu hoffen, dass das Ministerium nicht einfach nur, wie die Studie rät, „eine präventive Kampagne in Form eines Youtube-Videos“ entwickelt, bloß weil die Video-Plattform sich großer Beliebtheit erfreut. Der enorme Einfluss, den neue Medien auf die Ausbildung von Stereotypen haben, ist nicht mittels eines simplen Videos in den Griff zu bekommen. An der verstärkten Förderung von Medienkompetenz und kritischem Denken führt kein Weg vorbei, und von dieser würden nicht nur Kinder und Jugendliche, sondern die gesamte Bevölkerung profitieren.