Vereinfachung bei den „asbl“

Vereine brauchen in Zukunft ihre Mitgliederlisten nicht mehr offenzulegen. Ganz ohne Informationspflicht werden sie aber nicht sein. Dabei zu schummeln wird zudem echt teuer.

Nick Youngson CC BY-SA 3.0

In seiner Antwort auf eine parlamentarische Anfrage von Sven Clement (Piraten) kündigt Justizminister Félix Braz (Déi Gréng) eine Reform für die Gesellschaften ohne Gewinnzweck, den associations sans but lucratif (asbl) an: Sie sollen von der Pflicht jedes Jahr eine Liste mit den Namen, den Nationalitäten und den Wohnorten ihrer Mitglieder beim Handels- und Gesellschaftsregister (RCS) deponieren zu müssen, entbunden werden. Das sah bereits ein 2009 deponierter Gesetzesvorschlag vom damaligen Justizminister Luc Frieden (CSV) vor, der allerdings nicht weiter vorangetrieben worden war. Frieden wollte damals im gleichen Text auch die Stiftungen reformieren, war damit aber nicht unbedingt auf einmütige Gegenliebe in der Luxemburger Zivilgesellschaft gestoßen.

Sein Nachfolger und Parteikollege François Biltgen hatte eigentlich eine Reform der Reform versprochen, ließ das Dossier aber unbearbeitet zurück, als er als Minister demissionierte und sich 2013 zum Richter am Europäischen Gerichtshof ernennen ließ. Der Gesetzesvorschlag 6054 wurde bislang auch nicht vom Staatsrat begutachtet, weil sowohl Biltgen als auch der aktuelle Justizminister größere Amendements angekündigt hatten. Erst im Jahre 2018 hat die juristische Kommission den Text wieder aufgegriffen und wartet demnach auf die Vorschläge des amtierenden Ministers.

Wann ein neuer Text spruchreif sein wird, ist schwer einzuschätzen, weil das asbl-Gesetz seit 1928 eigentlich nicht wesentlich verändert wurde und in vielen Punkten antiquiert ist. Die Veröffentlichung der Listen wurde immer wieder kritisiert, nicht nur weil sie eine bürokratische Hürde darstellt, sondern auch weil sie auch potenzielle Interessent*innen davon abhielt in kritischen Vereinigungen Mitglied zu werden, da dies ja von jedem oder jeder einsehbar war – auch zum Beispiel vom Arbeitgeber.

Die seit April letzten Jahres geltenden europäischen Datenschutzregelungen stehen jedenfalls im klaren Widerspruch zur Dokumentationswut, wie sie derzeit noch im Gesetz steht.

Die Antwort auf die Frage des Abgeordneten offenbart aber auch, wie wenig diese Vorschrift beachtet wird: von den 11.155 beim RCS Ende 2018 gemeldeten asbl haben in den Jahren 2008-2018 nur jeweils 437 bis 525 ihre Mitgliederliste tatsächlich deponiert – das wären im Schnitt etwa 4,3 Prozent.

Allerdings hat eine Nichtbeachtung dieser Regelung keine direkten Sanktionen zufolge. Organisationen, die ihre Mitgliederliste nicht regelmäßig aktualisieren, verlieren aber das Recht, als moralische Rechtsperson aufzutreten und somit Dritte anzuklagen. So wurde schon der eine oder andere Prozess gegen einen Umweltsünder im Anlauf blockiert, weil die jeweilige Umweltorganisation, die den Prozess angestrengt hatte, ihren Pflichten nicht nachgekommen war.

Allerdings ganz ohne Auskunftspflicht kommen die asbl nicht davon, denn das im Dezember gestimmte Gesetz zum „Registre des bénéficiaires effectifs“ zwingt Gesellschaften – auch solche ohne Gewinnzweck – dazu, die Mitglieder der Verwaltungsorgane in ein für alle einsehbares Register einzutragen. Anders als beim asbl-Gesetz drohen hier aber richtige Sanktionen in Form von Geldstrafen von 1.250 bis 1.250.000 Euro.


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