COP28 und CO2-Steuer in der Chamber: Schwache Schritte

Spornt der Kompromiss von Dubai zu ehrgeizigen Zielen und Maßnahmen an? In Luxemburg wird, wie überall im reichen Norden, laviert und kompensiert, statt zu reduzieren und zu finanzieren.

Kein Ende in Sicht. Luxemburgs politische Klasse predigt den Ausstieg aus den fossilen Energien, will aber den Ausstieg aus dem Tanktourismus nicht überstürzen.

Unterstützen statt vorzuschreiben, begeistern statt zu nerven, das sind die Parolen, die Luc Frieden für die Umwelt- und Klimapolitik seiner Regierung ausgegeben hat. Die Aussicht auf eine lockere Hand in diesen Politikbereichen begeistert die Klimaleugner*innen – und nervt die Umweltbewegung. Denn, wie letztere grundsätzlich korrekt anmerkt, Natur und Klima richten sich nicht nach den Befindlichkeiten der schwarz-blauen Wählerschaft, ihre Entwicklung und ihr Zusammenbruch folgen eigenen Gesetzen. Der Premierminister hat mit seiner Regierungserklärung das bestätigt, was wir schon während der Koalitionsverhandlungen geschrieben hatten: Er ist kein Klimafeind, aber ein Klima-Drückeberger (woxx 1760).

Opposition nervt nicht

Damit steht er nicht alleine da. Die am 13. Dezember abgeschlossene Weltklimakonferenz war ebenfalls ein Gipfel der schönen Worte und der Drückebergerei. Und die Debatte zu dieser COP28 tags darauf in der Chamber zeigte, wie unkritisch die Parlamentarier*innen mit den völlig unzureichenden Verhandlungsergebnissen umgehen. Ob Joëlle Welfring (Déi Gréng), die diese Heure d’actualité beantragt hatte, Paul Galles (CSV) oder Franz Fayot (LSAP), alle waren bemüht, das zu 5/6 leere Glas als halb voll darzustellen. Gewiss, alle betonten auch die Notwendigkeit von weiteren, „ambitiöseren“ Verhandlungen. Doch wie Umwelt- und Klimaminister Serge Wilmes deutlich machte, ist damit nicht etwa die dringend notwendige Anpassung der EU-Ziele für 2030 gemeint, sondern die weiteren Etappen bis 2050. So, als befänden sich EU und Luxemburg auf einem 1,5-Grad-kompatiblen Entwicklungspfad, und es sei am Rest der Welt, seine Ziele kurzfristig anzupassen. Einzig David Wagner (Déi Lénk) formulierte eine umfassend kritische Analyse der COP28, gepaart mit Ausführungen zur Logik der Finanzmärkte und zu den Nord-Süd-Ungerechtigkeiten.

Bemerkenswert war, dass die Chamber-Tagesordnung einer falschen Reihenfolge entsprach: Statt eines COP- und Klima-Inventars mit anschließendem Beschluss von Maßnahmen war bereits vor den hier aufgezählten hehren Erklärungen (Punkt 8) ein fauler Kompromiss bei der CO2-Steuer abgesegnet worden (Punkt 6). Bis 2026 soll diese Abgabe jährlich um 5 Euro auf 45 Euro pro Tonne CO2 steigen – ein Wert, der die Zukunft des Tanktourismus absichert, aber von Wissenschaft und Umweltbewegung als viel zu niedrig angesehen wird. Eigentlich hätte man von der grünen Abgeordneten Sam Tanson erwarten können, die Forderung nach einer etappenweisen Erhöhung auf 200 Euro zu vertreten. Weil aber Déi Gréng noch in der Regierung einen Drückeberger-Klimaplan abgesegnet und dann die 5-Euro-Schritte ins eigene Wahlprogramm übernommen hatten, müssen sie jetzt erst einmal diese Fehler der Vergangenheit aufarbeiten. Doch sowohl Tansons als auch Welfrings Beiträge klangen eher wie – die eigene Politik bilanzierende – Wahlreden. Déi Gréng sind noch nicht in der Opposition angekommen.

Angekommen ist hingegen Franz Fayot, der wie David Wagner zu beiden Klimathemen sprach und die Diskussion über die CO2-Steuer explizit ins Zeichen der COP28-Ergebnisse stellte. „Sind wir ambitiös genug?“, fragte der ehemalige Wirtschaftsminister, der mit dem ECO2050-Projekt sein Interesse am Thema Nachhaltigkeit bewiesen hat. Die CO2-Bepreisung sei ein wichtiges Instrument zum Ausstieg aus den fossilen Energien, so Fayot, der über die Möglichkeit einer stärkeren Erhöhung der CO2-Abgabe auf bis zu 200 Euro sinnierte. Wagner hingegen hielt an der strikten Ablehnung dieser Steuer durch Déi Lénk fest: Es werde versucht, mit diesem Marktinstrument die Verantwortung für Klimapolitik auf die Bürger*innen abzuwälzen. Das treffe „den, der mit seinem alten Ford auf die Schicht fährt“, nicht aber „den Bourgeois mit einem staatlich subventionierten Tesla“. Wagner befand, mit der CO2-Steuer habe die vorherige Regierung „ganze Teile der Gesellschaft gegen den Klimaschutz aufgebracht“ – und liegt damit weitgehend auf der Nicht-Nerven-Linie Luc Friedens.

Wer kompensiert, regiert

Dass vergangene Woche in der Chamber der Ausstieg aus den fossilen Energien – und seine soziale Abfederung in Luxemburg – im Mittelpunkt stand, ist nicht verwunderlich. Die eigentlich zentralen Nord-Süd-Finanzflüsse für Klimapolitik und energetische Transition waren auch bei der COP28 Nebensache, abgesehen vom gleich am ersten Tag verabschiedeten Fonds für Klimaschäden … der bis zum letzten Tag ziemlich leer blieb. Eine im November veröffentlichte Schätzung des Finanzbedarfs im globalen Süden geht zum Beispiel von 2,4 Billionen Dollar im Jahr aus (statt der jetzt mit Mühe und Not zusammengekommenen 100 Milliarden im Green Climate Fund). Laut Carbon Brief wurde in Dubai denn auch über die Zukunft dieses Finanzierungsmodells weiterverhandelt: Das „new collective quantified goal“ (NCQG) getaufte Post-2025-Ziel soll eines der Hauptthemen der COP29 werden.

Darüber hinaus wird von vielen Ländern eine Reform des internationalen Finanzsystems und der Entwicklungsbanken gefordert. Was die Idee einer Finanzierung durch globale Steuern angeht, so ist die Diskussion zwar kaum vorangekommen, es wurde aber immerhin eine „task force“ dazu ins Leben gerufen. Alles in allem stimmt auch hier, wie in der Chamber, die Reihenfolge nicht: Eigentlich müsste man zuerst die Finanzierung für den überschuldeten und durch die gebrochenen Versprechen misstrauisch gewordenen Süden sicherstellen, bevor man von ihm fordert, Reduktions- und Ausstiegspläne zu erstellen.

„Kein Deal war besser als ein schlechter, der das Pariser Abkommen torpediert hätte.“ Dieser Satz der NGO Carbon Market Watch bezieht sich nicht auf den Abschlusstext der COP28 (der ja angenommen wurde), sondern auf die Verhandlungen über Artikel 6. Dabei geht es um die umstrittene Möglichkeit, mit CO2-Gutschriften (Carbon Offsets) zu handeln und sie zur Erreichung von Klimazielen einzusetzen (woxx 1764). Weil solche CO2-Einspar-Projekte vor Ort häufig „Nebenwirkungen“ für Natur und Mensch erzeugen, ist es wichtig, ökologische und soziale Kriterien festzulegen. Darüber aber konnte man sich in Dubai nicht einigen, so Carbon Brief. Außerdem sei unklar, wie man die Permanenz von CO2-Krediten bewertet und kontrolliert, zum Beispiel bei Aufforstungen, die Kohlenstoff in Bäumen binden – solange sie nicht als Brennholz dienen oder vertrocknen. Und schließlich gibt es starke Vorbehalte gegenüber den unregulierten Kohlenstoffmärkten, auf denen Projekte ohne seriöse Kontrolle validiert werden können (Artikel 6.2).

In Luxemburg waren CO2-„Kompensationen“ ebenfalls Thema. Am 6. Dezember stellte die ASTM eine kritische Analyse dieser Form von „Klimakolonialismus“ vor (woxx 1764). In der Chamber brandmarkte David Wagner die „Illusion“, das Klima zu retten, indem CO2-intensive Wirtschaftszweige im reichen Norden Offsets in den armen Ländern des Südens aufkaufen – „ineffizient und pervers“. Franz Fayot schließlich legte eine Resolution vor, nach der die Chamber den CO2-Ausstoß sämtlicher Dienstflüge von Abgeordneten kompensieren soll, wie dies bereits für Regierung und Beamt*innen geschieht. Fayot war, wie auch Galles, nach Dubai geflogen und gab an, seinen Flug auf eigene Kosten kompensiert zu haben. Dabei müsste er als ehemaliger Kooperationsminister eigentlich um die pro- blematischen Aspekte der Carbon Offsets wissen. Sogar wenn, wie angedacht, die Kompensation mittels luxemburgischer Kooperationsprojekte mit hohen Standards erfolgt, stellt es eine Art Propaganda für dieses zweifelhafte Instrument dar. Umso erstaunlicher, dass der Vorschlag nur von der ADR abgelehnt wurde; Déi Gréng und Déi Lénk stimmten ohne zu zögern dafür.


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