Nachhaltigkeit soll ein Hauptmerkmal der Luxemburger Beteiligung an der Expo 2020 in Dubai sein – doch der Begriff wird von den Organisator*innen arg gedehnt.
Nach der Pressevorstellung des Dubai-Projekts vergangene Woche haben wir in einem ersten Beitrag die Aspekte Kostenpunkt und Menschenrechte analysiert. Doch was ist mit der Nachhaltigkeit? Unter den sechs in der Luxemburger Broschüre zur Expo aufgelisteten Schlüsselbotschaften steht sie an zweiter Stelle, für die Verantwortlichen in Dubai ist sie gar eins der drei Hauptthemen. Die beiden anderen sind „Opportunity“ und „Mobility“. Das gesamte Ausstellungsgelände ist entsprechend in drei Zonen unterteilt.
Dass Luxemburg, angesichts der versäumten Hausaufgaben sich entschieden hat, nicht mit seiner Mobilität zu werben, ist verständlich, doch leider hat man sich auch gegen die „Sustainability“ als Hauptthema entschieden – und für die „Opportunity“, die als eine Art „Entwicklungschancen für alle“ definiert wird.
Fortsetzung des Nation Branding mit anderen Mitteln
Die gute Nachricht: „Unser Grundstück liegt ausgezeichnet – an einer Ecke“, das unterstrich Maggy Nagel,Kommissarin des Groupement d’intérêt économique (GIE) zur Luxemburger Teilnahme. Ein Vorteil, den die woxx, und alle, die schon einmal an einem Event wie der Ökofoire teilgenommen haben, durchaus nachvollziehen können. Die günstige Lage ist umso wichtiger als während der Pressekonferenz deutlich wurde, dass die Teilnahme an der Expo eigentlich die Fortsetzung des Nation Brandings mit anderen Mitteln ist. Und nicht etwa, wie man naiverweise meinen könnte, dem Zweck dient, Luxemburgs beste Beispiele für zukunftsfähige Entwicklung als Inspirationsquelle für andere vorzustellen.
Ob sich der finanzielle Aufwand lohnt, bleibt fraglich. Immerhin versichert das GIE, die – dreimal günstigere – Teilnahme an der Weltausstellung in Shanghai 2010 habe zahlreiche fruchtbare Kontakte, vor allem im Finanzsektor, ermöglicht. Ein Bereich, der zwar weder 2010 noch 2020 offiziell im Vordergrund stand, um den man sich aber mittels aller möglichen VIP-Annehmlichkeiten und -Events kümmern wird.
Circular Economy oder Greenwashing?
Was die Umweltaspekte angeht, so versicherte Jean Leyder, Vertreter des Nachhaltigkeitsministeriums im GIE, dass möglichst stark auf natürliche Lüftung gesetzt werde: „Ziel ist es, den Komfort sicherzustellen und gleichzeitig zu 60 Prozent ohne Klimaanlage auszukommen.“ Außerdem werde sowohl bei der Stahlkonstruktion wie auch beim Wasser- und Energieverbrauch versucht, möglichst wenig Ressourcen zu verbrauchen.
Da durfte natürlich das Zauberwort der „Circular Economy“ nicht fehlen. Das GIE musste allerdings zugeben, dass der Pavillon am Ende abgerissen wird – die 16 Millionen für einen Rücktransport nach Luxemburg waren der Regierung zu teuer. Man bleibe aber dem Prinzip der Zirkularität treu, so Leyder, denn Dubai verlange sowieso, dass 75 Prozent des Materials recycelt wird. Der Pavillon lasse sich gut zerlegen, und die ganze Operation sei „sehr nachhaltig“. Denkt man darüber nach, so grenzt diese Darstellung an Greenwashing: Wenn alles, was nicht gleich weggeschmissen wird, schon als „Circular Economy“ gilt, dann hat das Wort seine Bedeutung verloren.
Ganz Luxemburg in einem Pavillon
Vermutlich steht das GIE aber vor einer anderen Herausforderung, die es mit allen Kräften meistern will: Er muss alle zufrieden stellen. Denn ein Pavillon, in dem Luxemburg auf einer kleinen Fläche dargestellt werden soll, wirft die Frage auf, was reinkommt und was nicht. „Es gibt fast kein Thema, das wir nicht behandelt haben“, berichtete Maggy Nagel. Die Szenographie sei noch in Ausarbeitung, aber man habe über 30 Themen die eingearbeitet werden sollen.
Bereits 2017 war entschieden worden, dass mit dem Müllerthal – wie seinerzeit mit der Gëlle Fra – ein Stück Luxemburg vor Ort gezeigt werden soll. Natürlich nur als grünes Paradies, ohne dabei die vom Klimawandel verursachten schlimmen Überschwemmungen zu thematisieren. Ein weiterer wichtiger Akzent des Luxemburger Auftritts, das Gastronomie-Programm, ist bereits in trockenen Tüchern. Was wie ein Witz klingt, hat durchaus seine Rationalität: Als Reiseziel verfügt Dubai über eine hohe Konzentration von Hotels und Restaurants, mit denen ein Austausch möglich ist. Die „Hotels-Schoul“, also das Lycée Alexis Heck, ist eingebunden und es werden mehrere Dutzend Praktika für Studierende aus Luxemburg organisiert. Einerseits ist diese Art der Völkerverständigung – über den Gaumen – nicht unsympathisch, andererseits erinnert sie – angesichts der Versäumnisse in Sachen Klimaschutz – an den gastronomisch hochwertigen letzten Gang auf der Titanic.
Homepage des GIE: http://www.luxembourgexpo2020dubai.lu/